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Von Spuckefäden und Panzernashörnern

Das neue Jahr ist soeben ange­brochen, ein Anlass, um auch bei mein­er Kolumne die Segel neu zu hissen. Noch bin ich beflügelt vom etwas irra­tionalen und willkür­lichen Opti­mis­mus der neuen Jahreszahl und daher möchte ich dies­mal kon­struk­tiv ein paar schöne Bilder für das Sprechen über die Tätigkeit des Über­set­zens vorschla­gen. Selb­stre­dend ist es eine sehr indi­vidu­elle Auswahl aus der uner­schöpflichen Schatzk­iste Sprache bzw. Lit­er­atur, die ich über die Jahre ange­sam­melt habe. Man mag sie passend find­en oder nicht.

Warum Treue nicht funktioniert

In den Tex­ten dieser Kolumne habe ich mich bish­er auf ein­er abstrak­ten Ebene bewegt. Es geht mir nicht so sehr um die Qual­ität von Über­set­zun­gen oder um konkrete Meth­o­d­en beim Über­set­zen. Das ist auch wichtig, aber erstens ste­ht es mir in meinen Augen nicht zu, die Arbeit mein­er Kol­legin­nen (männliche Vertreter wie immer mit­ge­meint) zu bew­erten, und zweit­ens kommt es (mir hier) tat­säch­lich nicht auf das Ergeb­nis an. Vielle­icht wird das auch ein­mal The­ma, aber erst ein­mal nicht. 

Sprache ist kein Fettgewebe

Wie wir über das Über­set­zen sprechen, hat einen Ein­fluss darauf, wie wir diejeni­gen, die es betreiben, (nicht) wahrnehmen. In dieser Kolumne nehme ich mir ein­er­seits gängige Über­set­zungsmeta­phern vor. Ander­er­seits habe ich das Glück, auf die Vorar­beit des geschätzten Kol­le­gen Frank Heib­ert zurück­greifen zu kön­nen, dessen Antrittsrede zur Schlegel-Pro­fes­sur 2016 unter dem Titel „Let’s get loud“ genau dies zum The­ma hat­te. Mir geht es darum, wie diese Bilder dazu beitra­gen, Über­set­zerin­nen (gener­isches Fem­i­ninum, wie gewohnt) unsicht­bar zu machen, in den Schat­ten mächtiger Brück­en zu stellen oder zur Ver­rä­terin abzustem­peln. Und vor allem geht es darum, sprach­liche und the­o­retis­che Möglichkeit­en aufzu­tun, wie wir Über­set­zerin­nen unsere Tätigkeit als eine kreative sicht­bar machen können.

Vom Selbstverständnis her Künstlerin

Zum Beruf­sall­t­ag ein­er Lit­er­aturüber­set­zerin (gener­isches Fem­i­ninum, männliche Per­so­n­en sind jew­eils aus­drück­lich mit­ge­meint) gehört es auch, die über­set­zten Büch­er zu präsen­tieren. Häu­fig geschieht dies in Anwe­sen­heit der Autorin, dann tritt die Über­set­zerin meist in den Hin­ter­grund und verkommt – wie im let­zten Beitrag erwäh­nt – zum bloßen Sprachrohr. Oft wird bei solchen Gele­gen­heit­en auch erwartet, dass Über­set­zerin­nen dol­metschen, was von Branchen­frem­den gern in einen Topf gewor­fen wird (dabei han­delt es sich um zwei doch recht ver­schiedene Beruf­szweige, auf die zwei doch recht ver­schiedene Stu­di­engänge vor­bere­it­en). So war es tat­säch­lich ein Glücks­fall, dass bei der let­zten Buchvorstel­lung, die ich mit­gestal­ten durfte, der Autor in let­zter Minute abge­sagt hat. So saßen die drei Frauen auf der Bühne, ohne die das Buch nicht ent­standen wäre: Die Ver­legerin, die Illus­tra­torin und ich, die Übersetzerin. 

Was Menschenfresserei mit dem Übersetzen zu tun hat

Im ersten Buch, das ich über­set­zt habe, dem Blog ein­er in Berlin leben­den Brasil­ianer­in, die schreibend ihre Kul­turschocks ver­ar­beit­et hat, kam auch Kuli­nar­isches vor. Aber um kul­turell geprägte Nahrungstabus (Stich­wort: Ver­botene Tiere) soll es hier nur metapho­risch gehen. Warum, wird sich weit­er unten zeigen. Bei diesem Buch gab es keinen Ver­lag, Lay­out und Druck hat die Autorin organ­isiert, das Lek­torat habe ich ein­er Kol­le­gin gegeben und der Text war wirk­lich keine große Lit­er­atur. Auf diesem Niveau fühlte ich mich so wohl, dass ich – in Absprache mit der Kundin – mehrere ihrer Blog­texte im Deutschen abgemildert bzw. umgeschrieben habe.