Was wir gerade auf globaler Ebene erleben, ist nicht nur psychologisch, sondern auch kulturell hochspannend. Wir Spracharbeiterinnen (Männer und Diverse sind wie immer mitgemeint) konsumieren wohl alle gewohnheitsmäßig Nachrichten aus unterschiedlichen Kulturkreisen, und einige beobachten dabei, wie medial Wahrheit konstruiert wird, wie sich Diskurse durch reale Ereignisse verändern, wie auch Notsituationen hier und da instrumentalisiert werden und welche Regierungen und Staatschefs wie verantwortlich handeln bzw. sich auf unterschiedliche Weise aus ihren Pflichten herauslavieren. Es ist in jedem Fall eine äußerst spannende Zeit.
Sichtbarkeit und Verantwortung
Warum Treue nicht funktioniert
In den Texten dieser Kolumne habe ich mich bisher auf einer abstrakten Ebene bewegt. Es geht mir nicht so sehr um die Qualität von Übersetzungen oder um konkrete Methoden beim Übersetzen. Das ist auch wichtig, aber erstens steht es mir in meinen Augen nicht zu, die Arbeit meiner Kolleginnen (männliche Vertreter wie immer mitgemeint) zu bewerten, und zweitens kommt es (mir hier) tatsächlich nicht auf das Ergebnis an. Vielleicht wird das auch einmal Thema, aber erst einmal nicht.
Sprache ist kein Fettgewebe
Wie wir über das Übersetzen sprechen, hat einen Einfluss darauf, wie wir diejenigen, die es betreiben, (nicht) wahrnehmen. In dieser Kolumne nehme ich mir einerseits gängige Übersetzungsmetaphern vor. Andererseits habe ich das Glück, auf die Vorarbeit des geschätzten Kollegen Frank Heibert zurückgreifen zu können, dessen Antrittsrede zur Schlegel-Professur 2016 unter dem Titel „Let’s get loud“ genau dies zum Thema hatte. Mir geht es darum, wie diese Bilder dazu beitragen, Übersetzerinnen (generisches Femininum, wie gewohnt) unsichtbar zu machen, in den Schatten mächtiger Brücken zu stellen oder zur Verräterin abzustempeln. Und vor allem geht es darum, sprachliche und theoretische Möglichkeiten aufzutun, wie wir Übersetzerinnen unsere Tätigkeit als eine kreative sichtbar machen können.
Vom Selbstverständnis her Künstlerin
Zum Berufsalltag einer Literaturübersetzerin (generisches Femininum, männliche Personen sind jeweils ausdrücklich mitgemeint) gehört es auch, die übersetzten Bücher zu präsentieren. Häufig geschieht dies in Anwesenheit der Autorin, dann tritt die Übersetzerin meist in den Hintergrund und verkommt – wie im letzten Beitrag erwähnt – zum bloßen Sprachrohr. Oft wird bei solchen Gelegenheiten auch erwartet, dass Übersetzerinnen dolmetschen, was von Branchenfremden gern in einen Topf geworfen wird (dabei handelt es sich um zwei doch recht verschiedene Berufszweige, auf die zwei doch recht verschiedene Studiengänge vorbereiten). So war es tatsächlich ein Glücksfall, dass bei der letzten Buchvorstellung, die ich mitgestalten durfte, der Autor in letzter Minute abgesagt hat. So saßen die drei Frauen auf der Bühne, ohne die das Buch nicht entstanden wäre: Die Verlegerin, die Illustratorin und ich, die Übersetzerin.
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